HOAI Mindestsätze – 2.0? 

(EuGH Urteil vom 18.01.2022 – Rechtssache C-261/20)

Der EuGH hat grundsätzlich festgestellt, dass das Preisrecht der HOAI 2009/2013 gegen die EU- Dienstleistungsrichtlinie verstößt und die Bundesrepublik Abhilfe schaffen muss. Dies erfolgte durch die HOAI 2021 ohne zwingendes Preisrecht. Für Verträge, die bis zum 31.12.2020 abgeschlossen wurden, bleibt aber die Frage offen, ob bei diesen Fällen noch das zwingende Preisrecht der HOAI 2009/2013 zugrunde zu legen ist. 

Es geht um die Frage, ob man sich bei einer Honoraraufstockungsklage auf das Mindestsatzgebot berufen kann oder nicht. Dies wurde zigfach diskutiert mit Auslegung des EU-Rechts usw. und die Oberlandesgerichte haben unterschiedlich entschieden. Es gelangte dann tatsächlich ein Fall zur Revision zum BGH vom 14.05.2020 (Az: VII ZR 174/19), der dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, ob deutsche Gerichte das zwingende Preisrecht und damit auch das Mindestsatzgebot noch anwenden dürfen oder nicht. Ein Architekt stützte sich auf die Mindestsätze.

Der EuGH hat nunmehr wie folgt entschieden: 

  • Die EU-Dienstleistungsrichtlinie richten sich nur an den Mitgliedstaat und nicht an den Einzelnen. Konkrete Rechte kann ein Privater deswegen nicht daraus ableiten.
  • Das Vertragsverletzungsverfahren bindet die Bundesrepublik Deutschland und zwar ausschließlich. 
  • Damit können deutsche Gericht weiter das zwingende Preisrecht der HOAI 2009/2013 anwenden. Sie sind durch EU-Recht nicht daran gehindert. Sie können das zwingende Preisrecht allerdings mit einer nationalen Norm ausschließen. 
  • Eine Partei, die durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts (zwingendes Preisrecht!) mit dem EU-Recht einen Schaden herleitet, könnte demnach Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland verlangen. 
  • Es handelte sich um einen reinen nationalen Rechtsstreit. Ein EU-Bezug war gar nicht erkennbar, sodass der EuGH nicht hätte entscheiden müssen. 
  • Damit steht fest, dass der BGH das Mindestsatzgebot der HOAI 2009/2013 anwenden muss. Das soll auch gegenüber der öffentlichen Hand möglich sein. Damit ist der Weg wieder frei für eine Vielzahl der Aufstockungsklagen bzw. Forderungen gegenüber Auftraggebern.